Das Bild wusste mehr als ich selbst…

Ein Gespräch über Intention, Vertrauen – und die leisen Antworten der Kunst
Manchmal führt ein Gespräch weiter als ein ganzes Jahr voller innerer Fragen. Manchmal fragt jemand, ganz offen, ganz ehrlich – und irgendetwas in uns merkt plötzlich: Ich höre mich selbst sprechen und verstehe mich neu.
So ging es mir vor wenigen Tagen in der Soul-Painting-Akademie, als Katja – eine liebe Soul-Painterin – live im Zoomkreis eine Idee verwirklichte, die sie sich schon lange gewünscht hatte: ein kleines Interview mit mir. Einfach so. Über meine persönlichen Zugang zum SOUL-PAINTING.
Ich dachte: „Ach ja, ich teile gern ein paar Gedanken…“ – aber was dann geschah, war mehr. Es war ein tiefer Einblick in mich selbst. Wie ein Erinnern. Und ein Sich-Zeigen. Ein Bild, das in Worten gemalt wurde.
Intention oder einfach Vertrauen?
Katjas erste Frage war eine, die mich selbst immer wieder beschäftigt: „Clara, wenn Du malst – hast Du dann eine klare Intention? Oder gehst Du einfach los?“
Und ich spürte sofort: Diese Frage berührt einen ganz zentralen Punkt im Soul-Painting.
Denn natürlich – manchmal habe ich eine Idee. Ein Gefühl, eine Ahnung. Etwas, das drängt, sich zu zeigen. Und manchmal ist da einfach nur dieser Impuls: Ich muss jetzt malen. Ich könnte platzen vor innerer Fülle, wenn ich es nicht täte.
Aber ist das schon eine Intention?
Ich glaube, es ist ein Ur-Drang. Eine Motivation, die aus etwas Tieferem kommt. Und meine Intention? Die ist eher etwas, das nicht im Kopf wohnt. Sondern im Herzen. In der Seele. Und sie ist bei jedem Bild dabei – auch wenn ich sie nicht benennen kann. Und vor dem Malprozess am Bild laut „ausspreche“.
Meine Intention ist: Dass meine Bilder etwas berühren. Etwas öffnen. Etwas erinnern. Bei den Betrachtenden. Und dadurch klingt das auch in mir.
Vom Nichtwissen ins Erkennen
Im Gespräch kamen viele Erinnerungen hoch. An Bilder, die mehr wussten als ich. An Prozesse, die mich geführt haben, ohne dass ich vorher wusste, wohin.
Ein Beispiel war mein Bild „Metamorphosis„. Ich begann es ohne Plan. Spielte und experimentierte viel am Anfang. Und plötzlich tauchte da diese Frau auf. Dann kam ein Mann dazu. Und ich hatte das Gefühl: Das sind meine Eltern. Jung. Liebend. Lebendig.
Es war, als hätte sich mein Innerstes in Farben gegossen – ohne dass ich es bewusst entschieden hatte. Und das Bild sprach. Es zeigte mir auch gefühlt etwas über meine Geschichte, über Heilung, über Nähe und Wandel. Auch wenn der dazu gekommene Mann später hinter einer Blume verwschwinden musste – dem BILD zuliebe -Ich hätte es nie so geplant. Und doch war es genau richtig.
Was ist Soul-Painting wirklich?
Soul-Painting ist für mich ein Weg, ohne Karte zu gehen – und doch anzukommen.
Ich male nicht, um ein fertiges Produkt zu erschaffen. Ich male, weil ich auf dem Weg bin. Und weil jedes Bild mir ein Stück dieses Weges zeigt. Nicht laut. Nicht immer schön. Aber immer ehrlich.
Ich beginne mit einer kleinen „Leer-Werdung“. Einer Mini-Meditation. Ich lasse los, was ich denke. Und dann fange ich an. Oft mit spielerischen Elementen. Manchmal mit einer Form, manchmal mit einem Wort auf der Leinwand. Manchmal auch einfach mit Farbe.
Und dann warte ich. Lausche. Male weiter. Lösche. Decke ab. Und irgendwann zeigt sich etwas.
Nicht selten ist es eine Gestalt. Ein Gesicht. Ein Wesen. Etwas, das mich anschaut – und zugleich aus mir kommt. Und dann weiß ich: Jetzt beginnt der eigentliche Prozess.
Wenn Bilder heilen, ohne Absicht
Katja fragte mich auch: „Kann es sein, dass ein Bild heilt? Auch wenn Du das gar nicht beabsichtigst?“
Oh ja. Genau das passiert ständig.
Ich erinnere mich an eine Frau aus meinem Ort. Sie hatte eines meiner Bilder gekauft. Ein Reh, mit dem Titel „Traum-Reh“. Und irgendwann sagte sie zu mir:
„Frau Morgenthau, früher waren Bilder für mich einfach nur Dekoration. Accessoires in der Wohnung. Aber dieses Reh… Wenn es mir schlecht geht, setze ich mich davor. Und dann spüre ich, wie etwas in mir still wird und sich löst.“
Ich war sprachlos vor Dankbarkeit. Und wieder spürte ich: Es ist nicht meine Leistung. Es ist etwas anderes. Eine Verbindung. Etwas, was wir nicht sehen, was uns aber alle umgibt.
Antworten, die nicht gesucht wurden
Das vielleicht Berührendste im Interview war Katjas letzte Frage: „Hast Du beim Malen schon einmal eine Antwort bekommen, ohne vorher eine Frage gestellt zu haben?“
Und meine Antwort lautete: Fortwährend…
Nicht immer sofort. Nicht immer klar. Aber wenn ich dem Prozess vertraue, dann geschieht genau das: Etwas in mir klärt sich. Etwas kommt zur Ruhe. Oder wird sichtbar. Und manchmal ist es nur ein Gefühl. Manchmal ein tiefer Friede. Manchmal ein ganz neues Verstehen.
Das Video vom Interview kannst Du hier sehen:
Alles Liebe und bis bald, Clara

Mehr Bilder von Clara Morgenthau: https://www.claramorgenthau.de/soul-painting-galerie/
